Geisha Die Geisha – Kultur zwischen Tradition und Moderne
Was ist eine japanische Geisha?
Eine wunderschöne, anmutige Geisha, die in einem japanischen Kimono und traditioneller japanischer Schminke durch eine Schiebetür ein japanisches Teehaus betritt. Diese Bild – was nicht zuletzt durch den Hollywood-Film „Memoirs of a Geisha“ (dt. „Die Geisha“) geprägt wurde – kommt sicher vielen als erstes in den Sinn, wenn sie an eine Geisha in Japan denken. Die Geisha und ihre Maiko-Lehrlinge gleiten in fließenden Bewegungen über die Tatami-Matten und sind der Inbegriff von mystischer Schönheit.
Doch japanische Geishas sind nicht einfach nur bildhübsche Frauen in aufwändiger, japanischer Kleidung. Geishas sind hochqualifizierte Darstellerinnen und Künstlerinnen, die in einer Vielzahl von alten japanischen Fertigkeiten ausgebildet sind. Als Hüterin der japanischen Künste, bietet die Geisha ihren Gästen Gesang, Tanz und anspruchsvolle Unterhaltung dar.
In den japanischen Städten Tokyo und Kanazawa gibt es noch eine ansehnliche Zahl an Geishas. Die ehemalige Landeshauptstadt Kyoto ist jedoch immer noch der beste Ort, um eine waschechte Geisha zu Gesicht zu bekommen, denn dort haben auch noch heutzutage die meisten Geishas ihren Lebensmittelpunkt.
Was ist der Unterschied zwischen Geiko und Geisha?
Der international bekannte Begriff Geisha setzt sich aus den beiden japanischen Wörtern „Gei“ und „Sha“ zusammen. „Gei“ bedeutet Kunst und „Sha“ Person, sodass die Begriffe zusammen eine Spezialistin für die japanische Kunst betiteln. Jedoch werden die ausgebildeten Künstlerinnen in Japan vor allem in Kyoto gar nicht als Geisha sondern als Geiko bezeichnet. Der Begriff Geiko kommt aus dem alten japanischen Kansai-Dialekt, der lange als Landessprache in der Geisha-Hauptstadt Kyoto gesprochen wurde. Eine Geiko ist immer eine in Kyoto ausgebildete und wirkende Geisha. In Kanazawa und Fukuoka und weiteren Orten wird die Bezeichnung Geigi bevorzugt. Geiko, Geisha, Geigi, alle Begriffe bezeichnen also die japanischen Hüterinnen von Kunst und Kultur, nur in einem anderen Dialekt.
Die Geisha im Wandel der Zeit
Die Geisha heute hat zugegebenermaßen nur noch wenig Ähnlichkeit mit der Geisha von früher. Die ersten Geishas, damals unter dem Namen „Taikomochi“ bekannt, waren Männer und traten im 13. Jahrhundert als Unterhalter bei Hofe auf. Die Taikomochi gaben ihrem herrschenden Kaisern Ratschläge und sorgten für die allgemeine Unterhaltung des kaiserlichen Hofstaates. Im 16. Jahrhundert ließen die Taikomochi ihre Beraterrolle hinter sich und entwickelten sie ausschließlichen zu Darstellern, deren Fokus darauf lag, Geschichten und Legenden (weiter-) zu erzählen, Gespräche zu führen und anzuregen und für Unterhaltung zu sorgen.
Frauen begannen erst im 17. Jahrhundert als japanische Geishas zu arbeiten. Damals wurden sie noch „onna geisha“, weibliche Geisha, genannt. Doch bereits in den 1750er Jahren waren sie den Männern zahlenmäßig überlegen und aus „onna geisha“ wurde einfach nur Geisha. Während Taikomochi den Fokus ausschließlich auf Unterhaltung legten, kam mit der weiblichen Geisha in Japan auch der Mode-Faktor zu den Aufgaben einer Geisha hinzu. Die schönen Frauen wurden schnell zu Trendsetterinnen, die vielen Japanerinnen als Vorbild galten. Zum Ende des 19. Jahrhunderts fokussierten sich die Aufgaben einer Geisha fast ausschließlich auf das Hüten und Lehren der japanischen Künste und Traditionen, die Aufgaben, für die japanische Geishas auch heute noch bekannt sind und die es in einem aufwändigen Ausbildungsprozess zu erlernen gilt.
Die japanische Geisha war und ist keine Sexarbeiterin
Nach der Meiji-Zeit (1868-1912) begannen die Geishas die Auswirkungen der Verwestlichung zu spüren. Die Anzahl der ausgebildeten und praktizierenden Geishas ging, insbesondere um den Zweiten Weltkrieg, dramatisch zurück. Der Geschäftssitz der Geishas, das Hanamachi (jap. für Blumenstadt, gängige Bezeichnung für Geisha-Viertel), wurde durch den Krieg verwüstet und Arbeit als Geisha zu finden war in ganz Japan schwerer denn je. Selbst als der Krieg vorbei war, öffneten nur sehr wenige Lokale wieder ihre Türen. Diese Lokale konnten jedoch nicht den Regelbetrieb wieder aufnehmen, sondern standen vor der Herausforderung eines strenger regulierten Japans.
Viele amerikanische Soldaten, die während der Nachkriegsbesetzung in Japan eingesetzt waren, erlebten die japanische Kultur zum ersten Mal, was zu einer Reihe von Missverständnissen führte. Eines dieser weit verbreiteten Missverständnisse war die Vorstellung von "Geesha Girls", eine falsche Aussprache des Begriffs Geisha durch die Amerikaner und eine weit gefasste Klassifizierung weiblicher Arbeitskräfte in Japan, die Prostituierte und Nachtclub-Hostessen einschloss, sich aber nur selten auf echte Geishas bezog. Dieses Missverständnis ist teilweise darauf zurückzuführen, dass sich in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg einige Sexarbeiterinnen sich als japanische Geisha ausgaben. Sie schminkten sich wie eine Geisha und trugen ein Geisha Kostüm mit dem Ziel für westliche Männer reizend auszusehen und diese anzulocken. Diese Frauen hatten jedoch nie die Ausbildung einer Geisha absolviert. Dies führte besonders im Westen zu Verwirrung darüber, was genau die Aufgaben einer Geisha in der japanischen Gesellschaft sind und es entstand der Irrglaube, dass Geishas als Prostituierte arbeiten. Das ist und war jedoch noch nie der Fall.
Die Geisha in Buch und Film
Das auf wahren Erinnerungen einer Geisha basierende Buch „Memoirs of a Geisha“ (dt. „Die Geisha“) wurde im Jahr 1997 von Arthur Golden geschrieben und machte die bisher unbekannte und mysteriöse Welt der japanischen Geishas weltweit bekannt. Die Geschichte von dem jungen Mädchen Chiyo, die zu Sayuri, einer Geisha aus Gion in Kyoto, heranwächst, fesselte nicht nur Leser weltweit, sondern auch Zuschauer des gleichnamigen Films aus dem Jahr 2005. Obwohl sich die Handlung des Films mehr auf die Liebesgeschichte zwischen Chiyo, die sich im Verlauf des Filmes in „Sayuri“ umbenennt und „The Chairman“ konzentriert, werden die Geisha-Traditionen sowohl im Buch als auch im Film wunderbar dargestellt, aber auch exotisiert. (Gerade der Film wurde in Japan übrigens für die Wahl der Darstellerinnen kritisiert.)
Der Ausbildungsprozess den eine Maiko durchlaufen muss, um eine Geisha zu werden, wird in dem Film gut dargestellt. Die Lebenssituation in den Wohngemeinschaften, den Okiyas, den alten traditionellen Wohnhäuser der Geishas und die Arbeit der Geishas in Teehäusern finden Beachtung in Buch und Film. Wer also nicht bis zur nächsten Japanreise warten möchte, um sich mit der japanischen Kunst der Geisha auseinanderzusetzen, dem sind das Buch sowie der Film empfohlen.
Geisha bei einer Zahiki Experience in Kanazawa
Die berühmteste Geisha Japans
Während japanische Geishas weltweit bekannt sind, so gibt es unter ihnen einige, die sich einen besonderen Namen machen konnten. So zum Beispiel Masako Tanaka, die unter dem Künstlernamen Mineko Iwasaki als die berühmteste Geisha in Japan in die Geschichte einging. Mit vier Jahren verließ Masako ihr Zuhause, um ihre Arbeit im Iwasaki Okiya, einem Geisha-Haus in Gion, Kyoto zu beginnen. Nach nur kurzer Lehrzeit in japanischem Tanz wurde sie von Madame Oima, der Besitzerin der Okiya, rechtlich adoptiert und nahm den Familiennamen Iwasaki an. Im Alter von 15 Jahren wurde Iwasaki als „Atotori“, als Erbin des Hauses Iwasaki ausgewählt und in den Rang einer Maiko erhoben. Außerdem erhielt Iwasaki von einer japanischen Wahrsagerin den Namen „Mineko Iwasaki“, unter dem sie eines Tages das ganze Land kennen würde. Mit nur 16 Jahren wurde Mineko als die beliebteste Maiko Japans bekannt und nur wenige Jahre später, als Mineko 21 Jahre alt wurde, stieg sie zur Geisha auf. In ihrem Buch „Die wahre Geschichte der Geisha“ schrieb die junge Geisha, dass sie sowohl ihren Körper als auch ihren Geist an den Rand der Belastbarkeit brachte und sich schließlich nur knapp von einer Nierenerkrankung erholen konnte, die zwischenzeitlich ihr Leben bedrohte.
Mineko Iwasaki beherbergte eine Vielzahl berühmter Persönlichkeiten und internationaler Staatsoberhäupter, darunter Königin Elisabeth II. und König Charles III., damals noch Prinz Charles, aus dem Vereinigten Königreich. Aufgrund ihrer Berühmtheit und ihres Rufs war Iwasaki häufig Zielscheibe von Gerüchten und Eifersucht und wurde nicht selten sexuellen Belästigungen und Übergriffen ausgesetzt.
Nach dem Tod einer ihrer einflussreichsten Ausbilderinnen im Jahr 1980 wurde Mineko zunehmender verärgert von der traditionsgebundenen Gesellschaft der Geisha Community, insbesondere von dem unzureichenden Bildungssystem für die jungen Frauen. Am Höhepunkt ihrer Karriere, mit nur 29 Jahren, kündigte die Geisha abrupt ihren Rücktritt an. Sie hatte gehofft, dass sie durch ihren vorzeitigen Ruhestand das berühmte Geisha-Viertel Gion zu Reformen bewegen würde. Doch auch nachdem mehr als 70 ältere Geishas ihrem Vorbild folgten, änderte sich nichts. In ihren Memoiren prophezeite Mineko Iwasaki, dass die Branche dem Untergang geweiht sei, wenn sie sich nicht an die veränderten sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen anpasse.
Die Geisha heute
Im heutigen Japan praktizieren noch ungefähr 1.000 Geishas die japanischen Künste, was einen erheblichen Rückgang gegenüber der Vorkriegszeit bedeutet. Die meisten dieser Frauen arbeiten in Kyoto und nehmen häufig an Veranstaltungen in Teehäusern und Ryoutei, einem noblen japanischen Restaurant, teil, oder bieten private Unterhaltung in sehr exklusiven Privaträumen. Der Kontakt mit einer modernen Geisha kann immer noch eine fantastische Möglichkeit sein, die Essenz von Omotenashi, dem etwas abstrakten Konzept der sichtbaren und unsichtbaren Gastfreundschaft in der japanischen Kultur, zu erfahren und etwas über eine wesentliche Facette der japanischen Geschichte und Kultur zu lernen, auch wenn sie im Gastgewerbe des Landes keine so zentrale Rolle mehr spielen.