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Japanreise ohne Sprachkenntnisse von Karsten S. Michels

17.12.2021

 

Karsten S. Michels ist Autor des Buches Mehr als Anime und Sushi“. Nachdem Japan ihn seit Kindheitstagen still zu rufen schien, erfüllte er sich schließlich seinen Kindheitstraum und reiste nach Tokyo. Heute erzählt er davon, wie er auch ohne Japanischunterricht und mit eingestaubten Englischkenntnissen zurecht kam.

 

Im Zuge der Vorbereitung meiner Japanreise habe ich immer wieder im Reiseführer geblättert. Die Seiten mit den allgemeinen Vokabeln erschienen mir wichtig und die notwendigsten lernte ich auswendig. Einer meiner Mitreisenden war etwas besorgt, da die japanische Schrift ja „nur aus Strichen“ bestehen würde. Ich sah dem relativ gelassen entgegen, da man heutzutage bequem per Smartphone-Kamera übersetzen lassen kann und ich schon oft darüber las, dass die Japaner sehr hilfsbereite Menschen sein sollen. Optimistisch und voller Vorfreude startete ich meine Ausflüge in das Leben der größten Metropolregion des Planeten. Und in eine Stadt, die einen Platz inmitten meines Herzens finden sollte.

 

Kommt man in Japan wirklich allein mit dem Smartphone zurecht?

 

Grundsätzlich ist das Smartphone ein hilfreiches Gadget. Allein die Planung der Zugverbindungen mit der Travel App der Japanischen Fremdenverkehrszentrale ist unsagbar nützlich. Was die Übersetzung angeht, sollte man sich allerdings Alternativen überlegen. Mit naivem Vertrauen in die Technik besorgte ich mir keine spezielle App, sondern verließ mich auf vorinstallierte Programme. Das führte leider häufig zu Kauderwelsch und Missverständnissen. So bestellten wir beispielsweise ein Menü im Restaurant in Tokyo, ohne eigentlich zu wissen, was wir bekommen werden. Wenn man risikofreudig und hartgesotten ist, kann man das tun. Wir jedoch waren erstmal still, als uns die Innereienplatte serviert wurde.

 

Wer keine professionelle Übersetzer-App hat, muss dennoch keine Bedenken haben. In einer Weltstadt wie Tokyo ist ein Großteil der Restaurantkarten zusätzlich in englischer Sprache verfasst. Zudem befindet sich fast immer ein Bild der Speise daneben. Weiterhin ist es in Japan üblich Kunststoff-Modelle aller Speisen in einer Vitrine oder im Schaufenster auszustellen. Diese sehen echten Lebensmitteln zum Verwechseln ähnlich und gleichen tatsächlich 1:1 dem, was anschließend auch serviert wird.

 

Imitate aus Kunststoff machen die Essensbestellung einfach.

 

Sind Japaner echt so hilfsbereit, wie immer behauptet wird?

 

Diese Frage kann man getrost mit einem kräftigen „ja“ beantworten. Teilweise empfand ich es sogar so, dass sie sich regelrecht verpflichtet fühlen. Man muss nicht mal wirklich hilflos sein. Allein den äußeren Anschein zu erwecken, löst eine Welle der Hilfsbereitschaft aus. Es wäre beispielsweise völlig ausreichend, wenn man einfach einen Tokyo-Stadtplan ausklappt. Dabei spielt es keine Rolle, ob Studentin oder Rentner – Japaner kommen aktiv auf Touristen zu.

 

Als ich abends an einem Bahnhof weitab des Stadtkerns die Verbindung zum Hotel heraussuchen wollte, verabschiedete sich mein Handy mit der Meldung „Akku leer“. Zielgerichtet ging ich auf den Plan des Bahn-Netzes zu, den ich als gelernter Kleinstädter aber nicht verstand. Zudem wusste ich nicht mal, wo genau ich eigentlich bin. Ich schaute nach links und nach rechts, aber es war niemand zu sehen. In der Ferne hörte ich jemanden telefonieren. Das Schicksal war wieder einmal rechtzeitig zur Stelle, denn die Stimme telefonierte in englischer Sprache. Ich traf auf eine Frau meines Alters und fragte sie nach dem Weg. Nachdem ich noch die Visitenkarte meines Hotels aus der Tasche zog, begleitete sie mich bis ans andere Ende des Bahnhofs. Dabei war sie eigentlich in die Gegenrichtung unterwegs, als ich sie ansprach. Sie nahm sich die Zeit und führte mich direkt bis zum Bahnsteig. Es hat eigentlich nur noch gefehlt, dass sie mich aus dem Stegreif an die Hand nahm. Mit welcher Offenheit und scheinbarer Selbstverständlichkeit die Dame mir half, empfand ich als sehr angenehm und tief beeindruckend. Diese Erfahrung sollte sich noch mehrfach wiederholen: Beim Kauf eines Bahntickets für die Tokyoter U-Bahn, bei der Bestellung des Essens im Automatenrestaurant oder ganz ohne jeglichen Anlass, weil ich in der Endstation einer Zugverbindung sitzen blieb und mit meinem Smartphone spielte.

 

Selten ist man an Tokyos Haltestellen allein. Im Zweifel wissen Bahnangestellte bestens Bescheid.
Bild: Hardik Pandya / Unsplash

 

Ist es schlimm, wenn dein Englisch etwas eingerostet ist?

 

Obwohl der Englischunterricht in Japan zu den Pflichtfächern gehört, konnte ich sehr wenige englischsprachige Unterhaltungen führen. Es gab allerdings eine Gruppe, die auffällig gern und offen ihr Englisch ausprobierte: Grundschüler. Während man nichts ahnend durch die Nebenstraßen schlendert, ruft es plötzlich „How are you?“ oder „What´s your favourite colour?“ von der anderen Straßenseite. Alle Sätze, die auch wir aus den Jahren der Grundschule kennen, wurden gnadenlos zur Anwendung gebracht. Doch auch ohne Englisch ist die Verständigung mit Einheimischen wenig problematisch.

 

Am letzten Tag meines Urlaubs kaufte ich noch ein paar Mitbringsel für Familie und Freunde. Japan ist bekannt für seine hochwertigen Whiskys. In einem nobel anmutenden Kaufhaus durchstreifte ich die Spirituosenabteilung, welches hierzulande schlicht mit Sake überschrieben ist. Während mich der Anblick deutscher Biere etwas überraschte, fand ich schnell eine Auswahl edel gestalteter Flaschen in ebenso edlen Verpackungen. Angekommen an der Kasse fragte ein junger Verkäufer: „Tax free?“ Da ich beabsichtigte, das Feuerwasser mit nach Deutschland zu nehmen, war das natürlich eine willkommene Option. Ich nickte und entgegnete: „Yes!“ Er nickte ebenfalls und verlangte meinen „passport“. Ich fühlte mich etwas geschmeichelt, da ich vermutete, dass er meine Volljährigkeit prüfen wollte. Als ich meinen Personalausweis zückte, meinte er jedoch: "No." Man sah, wie er sich ca. zwei Sekunden lang Gedanken machte. Schließlich stellte er pantomimisch dar, wie er Seiten umblättert. In meinem Kopf machte es klick und ich verstand, dass der Verkäufer meinen Reisepass wollte. Die Rechnung tackerte er fest, versah das Ganze mit einem Stempel und verpackte anschließend die Flaschen. Eine für einen Freund, die andere für mich selbst. Noch heute steht sie in meinem Schrank und ich kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen, wenn ich sie erblicke.

 

Am Ende war Tokyo wundervoll

 

Zusammenfassend gibt es folgendes zu sagen: Wer den Trip nach Tokyo antritt, wird belohnt mit problemlosem Reisen und den freundlichsten Einheimischen, die man sich vorstellen kann. Englisch zu sprechen ist zwar nicht selbstverständlich, dafür ist die Hilfsbereitschaft umso ausgeprägter. Japaner sind gebildete und intelligente Leute, sodass auch non-verbale Kommunikation stets zum Ziel führen wird. Das Ausflugsziel auf dem Stadtplan zu zeigen wird völlig ausreichend sein. Japanisch sprechen oder zumindest lesen zu können ist bestimmt ein großer Vorteil. Von einer Notwendigkeit kann man aber definitiv nicht reden. Wenn ihr euch mit der Sprache beschäftigen wollt, dann lernt mindestens eines der verschiedenen Dankesworte. Diese werdet ihr auf jeden Fall häufig benötigen.

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