Little Tokyo - Japanisches Viertel Düsseldorf lädt zu kleiner Japanreise ein von Moritz Rose
Eine kleine Ode an den „Japanese Way of Life“ in Düsseldorfs Little Tokyo
31.5.2021
Moritz Rose hat Japanologie in Trier studiert und arbeitet seit über 4 Jahren als Sales Manager im Hotel Nikko Düsseldorf. Zuvor war er unter anderem als Deutschlehrer in Nagoya tätig und hat sich dort in die Kultur und Küche verliebt. Heute erzählt er, warum ihn diese Liebe nach Düsseldorf geführt hat.
Wie viele Geisteswissenschaftler, stand auch ich als ausgelernter Japanologe vor der berechtigten Frage: was nun? Ein Absolvent, der alles und nichts kann. Keine Erfahrung im Job, die Sprache nur mäßig verinnerlicht und irgendwie Zweifel und Unsicherheit, wenn es um konkrete Zukunftsvorstellungen geht. Kurzum – die perfekte Quarter-Life-Crisis.
Oh du schönes Nagoya – meine Zeit in Japan
Kurz vor meinem Abschluss habe ich dann ein Praktikum angenommen – in Nagoya. Sechs Monate als Deutschlehrer an mehreren Universitäten der viert größten Stadt Japans. Mein erster Kulturschock kam, als ich im Taifun vom Flughafen Chubu alleine (ohne gutes Alltagsjapanisch) zu meiner Gastfamilie in den Bezirk „Mizuho“ mit dem Taxi fuhr: Im sintflutartigen Regen ging es durch einen Wirrwarr aus Highways und Hochhäusern. Später erfuhr ich, dass man auf Grund des heftigen Unwetters knapp eine Millionen Einwohner evakuiert hatte. Die Stadt war riesig und für einen deutschen Kleinstädter im ersten Augenblick nur eine gigantische Betonwüste. Man kann japanische Metropolen sehr schlecht mit europäischen Städten vergleichen, denn gerade Nagoya wurde nach dem Krieg als „Autostadt“ sehr weitläufig geplant. Mehrspurige Straßen führen quer durch die von Oberleitungen durchzogene Urbanregion. Anders als in Tokyo wurde hier weniger in die Höhe als in die Breite investiert. So fuhr ich bei meinem ersten Fahrradausflug gut eine Stunde lang eine einzige Straße entlang, bis ich leicht irritiert langsam wieder umkehrte. Es war alles einfach riesengroß in seiner Gesamtheit.
Doch nach meinem anfänglichen Fremdeln mit der Stadt, wich dieses Gefühl mit jeder Unternehmung, die ich in Nagoya tätigte: Die Stadt ist wirklich wunderschön und was mich an Japan heute so fasziniert, sind die oft beschriebenen Gegensätze, die einen unerreichten Charme versprühen. Nagoya schafft es, eine Industrieromantik zu erzeugen, die fast hinter jeder noch so unscheinbaren Ecke mit einem uralten Schrein, einem üppigen Garten oder einem buddhistischen Tempel wieder aufgebrochen wird. Man geht durch ein Torii und war man gerade noch auf einer lauten, vielbefahrenen Straße, so ist man im nächsten Augenblick in einer stillen, magischen Welt.
Auch meine Reisen nach Tokyo und Kyoto waren natürlich faszinierend, aber nirgends habe ich mich so zu Hause gefühlt wie in Nagoya. Besonders nachts, wenn die Stadt ihre graue Fassade in neonleuchtende Farben taucht und man mit dem letzten Zug erst nach Downtown fährt. Doch daneben sind die Tagesausflüge zur Burg Nagoya, zum Atsuta-Schrein oder zur kleinen Burg Inuyama (Hundsberg) ebenso unvergesslich und bereichern die Region auf vielen Ebenen. Nagoya bietet einfach die perfekte Mischung von Tradition und Moderne.
Die älteste noch im Originalzustand erhalten geblieben Burg Japans: Burg Inuyama
Die Liebe zur japanischen Küche
Kulinarisch war es ebenfalls die absolute Erfüllung: Tabehodai mit Nigiri Sushi, Okonomiyaki mit was du willst, Gyudon und Ocha auf dem Heimweg bei Yoshinoya, Tebasaki oder Tonkatsu und Asahi Bier, Ramen mit Onsen Tamago, Chasshu und Naruto Maki, „aber bitte Oomori und ein 4er Takoyaki dazu“ und am besten jeden Tag Tendon und nach dem Sake glücklich einschlafen. (Noch nichts verstanden? Dann wird es höchste Zeit mal nach Little Tokyo zu kommen. Aber dazu später mehr)
Jetzt ist es so, dass man nach Ablauf seines drei Monate gültigen Touristenvisums in Japan noch einmal 90 Tage den Aufenthalt verlängern kann und dann – ob man satt ist oder nicht – muss man wieder zurück zu Rotkohl mit Fischstäbchen (auch lecker, ich weiß, aber dann doch eher nichts für den Gourmet 😉).
Wie findet man in Deutschland bestes japanisches Essen?
Zurück in Deutschland, litt ich unter einem Phänomen, dass ich von Kommilitonen bereits kannte: Ich musste jedem Menschen, den ich kannte, unbedingt mit zum Japaner schleppen, damit sie alle diese unglaublichen Köstlichkeiten probieren und feiern konnten, doch in den meisten Gegenden Deutschlands ist die japanische Küche leider unterrepräsentiert und dann häufig auch nicht wirklich authentisch, sondern eher „für den deutschen Nicht-Exoten“, so als ob man da was ändern müsste…
Zugegeben, viele Produkte lassen sich schwierig importieren oder sind in Japan wirklich nur regional erhältlich. Das ist im Grunde auch der besondere Reiz an einer Japanreise: Wer (vor allem) wegen der guten Küche nach Japan kommt, der weiß, dass nahezu jede Stadt für ihre eigene kulinarische Besonderheit berühmt ist (wer kann, sollte auf jeden Fall über einen Japan-Road-Trip nachdenken). Nicht selten entstehen so Rivalitäten zwischen Städten, die jeweils behaupten, Ihr Gericht sei das einzig wahre (z.B: rotes Miso vs. weißes Miso – in Nagoya und Tokyo).
In vielen Städten Deutschlands sucht man fast vergeblich nach authentisch japanischer Küche. Nicht so in Düsseldorf – der größten japanischen Gemeinde Deutschlands. Als Japanologe oder einfach nur als Japan-Fan oder als Fan japanischen Essens ist Düsseldorf eine Hausnummer für sich. Hier gibt es im Grunde alles, was ich auch in Japan essen kann, nur ohne dafür einmal den Planeten zu umkreisen. Natürlich gibt es auch hier nicht ALLES, aber doch schon einen erheblichen Teil der japanischen Küche und das auch noch direkt vor meiner Arbeitsstätte – ein kulinarischer Traum. Nicht also verwunderlich, dass man das quirlige Viertel rund um die Immermannstraße auch „Little Tokyo“ nennt.
Düsseldorf - In Little Tokyo kann man sich wie auf Japanreise fühlen
So viel Japan gibt es in Düsseldorf und „Little Tokyo“
Auch abseits der modernen Kultur, kann man in Düsseldorf Japan erleben; zum Beispiel im schönen japanischen Garten oder im EKŌ-Haus der Japanischen Kultur, wo man unter anderem an einer traditionellen Tee-Zeremonie teilnehmen kann und sich an wechselndem Kulturprogramm erfreuen kann. Für den Einstieg kann ich auf jeden Fall auch die Expedition „Sushi, Sake & Japanischer Lifestyle“ von der Stadt Düsseldorf empfehlen, bei der den Teilnehmern auch der historische Kontext nähergebracht wird – natürlich versüßt mit Kostproben der örtlichen japanischen Restaurants.
Ich möchte jetzt nicht sagen, ich bin nur wegen der japanischen Küche nach Düsseldorf gezogen (aber es war so^^), aber wer einmal authentisch Japanisch essen war, der muss doch verstehen, dass man das immer wieder haben will. Ich wollte es immer wieder haben und bin seit 2013 einfach nicht mehr weggegangen. In dem Szeneviertel, in dem ich arbeite gibt es genau diese authentischen kleinen bunten Restaurants, die ich in Japan so geliebt habe und (fast) allesamt werden hier von der japanischen Community geführt.
In Little Tokyo kann man sich easy auf die kulinarische Japanreise begeben und auch viele der anfangs genannten Speisen probieren. Es ist quasi Japan zum Testen. Und nicht nur kulinarisch wird hier was geboten: Auch für Manga-Fans und Anhänger der J-Pop-Kultur ist Düsseldorf das Mekka schlechthin.
Events für Japan-Enthusiasten und Fans von Anime, Manga
Die Anime und Manga Convention DoKomi
Vor allem aber wird es richtig bunt am Rhein, wenn die größte aller Anime und Manga Convention Deutschlands vor der Tür steht: Die DoKomi. Einmal im Jahr treffen sich hier über 55.000 Fans und Begeisterte um ihre Stars und Idole zu feiern, aber auch, um sich zu vernetzen und natürlich auch um sich zu messen: Jedes Jahr finden mehrere Wettkämpfe statt, wie zum Beispiel Dance- und Cosplay-Contests oder der Manga-Zeichenwettbewerb, der von der örtlichen japanischen Buchhandlung Takagi ausgetragen wird. Auch verschiedenste Branchen-Größen finden sich dann auf der DoKomi ein (z.B: Ashibuto Penta, Melochin oder der Anisong Star Stereo Dive Foundation) und sorgen somit für garantiert gute Laune.
Deutschlands größtes japanisches Fest: Der Japan Tag Düsseldorf
Noch bevor die DoKomi im Sommer beginnt, ist es im Mai schon mittlerweile Tradition, bei meist wundervollem Wetter, den Japan Tag in Düsseldorf zu feiern. Die Organisation übernimmt hierbei die Stadt Düsseldorf und die japanische Community. Dabei heraus kommt das wohl bekannteste Volksfest am Rhein. Ich fühle mich jedes Mal wie auf einem Volksfest in Japan: Erstens, es gibt überall tolles Essen, zweitens die Menschen sind gut gelaunt und drittens, jeder sucht insgeheim nach was Außergewöhnlichem: Die verrücktesten Frisuren oder Verkleidungen, abgefahrene Stunts von den unterschiedlichsten Sportklubs oder verrückte Süßigkeiten. Das Ganze mündet dann abends am Rheinufer in dem größten Feuerwerk der Stadt, das nahezu eine ganze Stunde dauert – eben wie ein richtiges japanisches Feuerwerk bei einem Matsuri.
Das ganz Jahr ist hier Japan
Und selbst an Karneval trifft man in Düsseldorf immer wieder bekannte Anime und Manga Helden. Man merkt, die Stadt erfreut sich an den zahlreichen bunten Gesichtern und auf dem Weg vom Hauptbahnhof in die Altstadt läuft man nicht selten an bewaffneten Ninja oder zuckersüßen Maids vorbei. Besonders im Fokus: Die Bubbletea-Shops und die kleinen Café- und Matchahäuser, in denen man sich vor Sweets kaum retten kann 😊.
Auch wenn ich mich selbst nicht als J-Pop-Fan bezeichnen würde, freue ich mich seit Jahren über die bunte Vielfalt in Düsseldorfs bestem Viertel und würde es nicht eintauschen wollen. Doch was diesen Ort als Ein-Zwei-Tageausflug so attraktiv macht, ist eben genau diese Vielfalt und die zahlreichen Möglichkeiten, die diese Stadt unseren Gästen bietet.
Ich kann wirklich jedem, der sich im entferntesten für Japan interessiert und von einer Japanreise träumt, nur ans Herz legen, einmal nach Little Tokyo zu reisen (puh, das lag mir wirklich auf der Seele^^)! Zumal es in der jetzigen Zeit schwierig werden dürfte, ohne große Anstrengungen nach Japan zu reisen. Fairerweise muss man natürlich sagen, dass die großen Events derzeit hauptsächlich online stattfinden, doch die kleinen Izakaya und Restaurants oder Shops (und selbstverständlich Hotels), die haben alle offen und freuen sich riesig über Euren Besuch! (✿◠‿◠)
Also, wir sehen uns in Little Tokyo!