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Kesennuma – Eine Stadt 10 Jahre nach dem Tsunami von Claudia Mitsubori

30. 11. 2021

 

Claudia Mitsubori bloggt seit vielen Jahren unter dem Pseudonym "Yoko - Lost in Japan" zu bunten Themen rund um Japan. Seitdem sie 2016 dorthin ausgewandert ist, hat sie viele Ecken des Landes bereits erkundet. Im Oktober 2021 war sie mit uns in der Tohoku Region. Hier teilt sie ihre Eindrücke von der Stadt Kesennuma.

 

Habt ihr schon einmal von Kesennuma gehört? Ehrlich gesagt, war mir die Stadt vor den Vorbereitungen unserer Tohoku-Reise kein Begriff. Umso mehr hat mich unser Besuch in der Stadt und vor allem die Geschichten der Einwohner bewegt. Und das möchte ich gern mit euch teilen.

 

Kesennuma und die Tsunami Katastrophe

 

Kesennuma (気仙沼) ist eine der größeren Städte entlang der Sanriku-Küstenlinie in der Tohoku-Region. Eine Hafenstadt nördlich von Sendai in der Präfektur Miyagi, umgeben von Natur, die zahlreiche Touristen anlockte. Am meisten florierte hier die Fischerei, die Verarbeitung von Meeresprodukten sowie der Schiffsbau. Und dann kam der 11. März 2011.

 

Könnt ihr euch noch an diesen Moment erinnern, als ihr von dem starken Erdbeben und dem darauffolgenden Tsunami gehört habt? Ich war an diesem Tag in der Berufsschule und konnte aus dem fernen Deutschland all diese Bilder nicht fassen. Wie muss es erst gewesen sein, wenn man das alles selbst miterlebt hat?

 

Kesennuma wurde vom Tsunami stark getroffen. Die Welle strömte in die Bucht der Hafenstadt, riss Stahlschiffe, Bäume und ganze Häuser mit sich ins Landesinnere und zog das Treibgut in ihrem Strom zurück wieder mithinaus. Zurück blieb Chaos. Und Feuer. Öltanks im Hafen wurden von der Welle mitgerissen, das Öl entzündete sich und zerstörte neben dem Wasser weitere Teile der Stadt. Eine Tragödie, die über 1.150 Menschen in Kesennuma das Leben kostete (über 200 gelten noch immer als vermisst).

 

Trümmer nach dem Tsunami – noch sichtbar nach 10 Jahren

 

Das Kesennuma City Memorial Museum

 

Über 10 Jahre nach diesem Ereignis findet man in Kesennuma nicht mehr viele Stellen, die an den Tsunami erinnern. Allerdings wurde ein Ort so erhalten, wie ihn die Flut hinterlassen hat: die Kesennuma Koyo High School. Die Schule mit vier Etagen wurde acht Jahre später als Kesennuma City Memorial Museum (東日本大震災遺構・伝承館) der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, um an das Desaster zu erinnern und auf die Gefahren von Tsunami aufmerksam zu machen. Darin könnt ihr die verwüsteten Unterrichtsräume sehen. In der dritten Etage liegt sogar noch ein Autowrack, welches in das Schulgebäude gespült wurde.

 

Neben dem ehemaligen Schulgebäude wurde auch ein neuer Museumskomplex errichtet. Eine Video-Reportage zeigt, wie die Flutwelle gekommen ist und alles zerstört hat. Neben Bildern kann man im Museum auch Interviews mit verschiedenen Personen anschauen, die von ihrem Leben nach dem Tsunami berichten. Wir sahen das Interview mit einer Familienmutter, die ihren Mann und ihre kleine Tochter am 11. März 2011 auf der Flucht vor dem Wasser verloren und die folgenden Jahre für ihren Sohn weitergekämpft hat.

 

Das Museum mit dem Schulgebäude ist wirklich sehr bewegend und ich musste nicht nur einmal eine Träne verdrücken. Durch den Besuch wird einem erst richtig bewusst, was hier, an diesem Ort, geschehen ist.

 

 

Szenen aus dem ehemaligen Schulgebäude

 

Interview mit einem Zeitzeugen

 

Wir hatten während unseres Besuchs in Kesennuma die Chance mit einem einheimischen Guide zu sprechen, der uns seine Geschichte erzählt hat.

 

Vor dem Tsunami hat Eiichi Kato ein Hotel auf einem Hügel an der Küste von Kesennuma geführt. Dieses blieb weitgehend unbeschädigt und so nahmen sie dort Opfer der Flutwelle auf, die ihr zuhause verloren haben. Zu dieser Zeit gab es keinen Strom, kein Gas und kein Wasser, aber es wurden alle anderen möglichen Ressourcen genutzt. Das Hotel spendete Essen an die Bedürftigen, nutze die vorrätigen Kerzen und mit Öl betrieben Öfen. Später wurden dort freiwillige Helfer und andere Personen beherbergt, die zur Aufarbeitung in die Region gekommen sind.

 

Monument im Kesennuma Reconstruction Memorial Park

 

Doch neben der Hilfe für die Opfer, war Eiichi Kato auch selbst vom Tsunami betroffen. Denn er hat sein eigenes Heim verloren, was er uns bei einem Besuch des Kesennuma Reconstruction Memorial Park mit Bildern erzählte. Vor allem als er uns seine Hochzeitsfotos zeigte, die sie mehrere Meter von seinem ursprünglichen Haus entfernt in den Trümmern fanden, war es sehr emotional. Von dem Berg aus hat man einen guten Blick über die Stadt und die Küstenregion. Dort befindet sich ein Monument mit allen Namen der Opfer des Tsunami.

 

Auch 10 Jahre nach dem Tsunami konnte man im Gespräch mit Eiichi Kato noch seine Emotionen spüren – ein Schock fürs Leben. Doch er ist stark und kämpft weiter, denn er ist noch am Leben. Verwandte und Freunde sind gestorben, doch er ist noch hier und für diese muss er weiterleben.

 

Eiichi Kato berichtet von seinen Erlebnissen

 

Das Kesennuma von heute

 

In Kesennuma selbst sieht man heutzutage nicht mehr viel vom Tsunami. Die meisten Gebäude in den Gebieten, die überflutet wurden, sind entweder neu erbaut oder es sind freie Flächen zu sehen. Die Stadt bietet verschiedene Attraktionen für Touristen, die diese zur Rückkehr in die Region bewegen sollen.

 

Natürlich haben aufgrund der Lage von Kesennuma viele Aktivitäten mit dem Meer zu tun. Es gibt einen Fischmarkt mit einer Beobachtungsplattform, von der aus Touristen den Fischhandel erleben können. Eine Spezialität der Region sind Haiflossen, die man neben anderen frischen Meeresfrüchten auch in den Restaurants in der Umgebung probieren kann. Zudem gibt es auch Geschäfte, in denen man Meeresprodukte kaufen kann, zum Beispiel im Umi no Uchi. Dort befinden sich neben zahlreichen Produkten aus der Region auch ein Hai Museum und ein Eis-Aquarium.

 

Direkt am Hafen gelegen ist das Pier 7, ein Komplex mit verschiedenen Cafés, Restaurants und Geschäften mit besonderen Konzepten. Es lohnt sich also einmal dort entlang zu schlendern und die Gegend zu erkunden. Von dort könnt ihr auch Schiffsrundfahrten buchen. Nicht weit entfernt liegt das K-Port Café, welches von niemand anderem als vom berühmten Schauspieler Ken Watanabe eröffnet wurde, um die Region nach dem Tsunami zu unterstützen.

 

Der Vergnügungskomplex Pier 7 am Hafen von Kesennuma

 

Wenn ihr also eure nächste Reise in Japan plant, schaut doch einmal die Tohoku-Region etwas genauer an und macht einen Abstecher nach Kesennuma und lernt diesen besonderen Ort und seine Einwohner kennen. Vielleicht erwischt ihr ja sogar den besonderen Pokemon-Zug der zwischen Ichinoseki und Kesennuma fährt.

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